• ANSPRECHEN

    Darüber reden hilft. Um jemanden auf seine Lese- und Schreibschwäche anzusprechen, solltest du einen guten Moment aussuchen.

  • VERMITTELN

    Auch nach der Schule kann man lesen und schreiben lernen. Es gibt Alphabetisierungskurse in fast jeder Region in Deutschland, Finanzierungsmöglichkeiten und direkte Ansprechpartner vor Ort.

  • ALFA-TELEFON

    Das ALFA-TELEFON informiert kostenlos über passende Lese- und Schreibangebote für Erwachsene und beantwortet Fragen zum Thema. Auch Angehörige, Freunde und Kollegen können sich telefonisch beraten lassen, wie sie am besten helfen können.

Der richtige Moment

Um jemanden auf seine Lese- und Schreibschwierigkeiten anzusprechen, solltest du einen guten Moment aussuchen. Rede nicht in der Öffentlichkeit zum ersten Mal darüber, damit sich der Betroffene nicht bloßgestellt fühlt. Gut ist es, wenn sonst niemand mithört und die Atmosphäre freundlich und vertrauensvoll ist. Vielleicht befindet ihr euch gerade in einer Situation, in der das Problem deutlich wird, weil dein Gegenüber zu schreiben vermeidet und eine Ausrede erfindet. Du kannst auch direkt das Gespräch suchen, wenn sich gerade keine Situation ergibt.

Zeit nehmen

Es ist für die meisten nicht ganz einfach, darüber zu sprechen. Ein Gespräch kann länger dauern: Viele Betroffene sind erleichtert, dass das Problem angesprochen wird, und erzählen, wie es dazu kam. Dazu gehört vielleicht auch ihre Lebensgeschichte. Nimm dir Zeit, um wirklich auf die Person eingehen zu können und Mut zu machen, gemeinsam Lösungen zu suchen.

Mut machen

Funktionale Analphabeten haben manchmal ein sehr geringes Selbstbewusstsein. Bestärke und mach Mut: Denn auch nach der Schule kann man lesen und schreiben lernen. Überlegt zusammen, was sich dadurch im Leben verbessert und wie viel selbstbestimmter man dadurch wird.

Gründe finden

Es gibt viele Gründe, warum man lesen und schreiben lernen sollte. Es ist gut, sie im Gespräch klar zu benennen.
Zum Beispiel:

  • Wer lesen und schreiben kann, ist unabhängig von anderen.
  • Man muss keine Angst mehr haben, dass die eigene Schwäche auffällt.
  • Man muss sich nicht mehr verstecken
  • Es ist leichter, eine Ausbildung oder Arbeit zu finden.
  • Wenn die eigenen Kinder in die Schule kommen, kann man ihnen bei den Hausaufgaben helfen. Sie sind dann nicht auf sich allein gestellt.

Lösungen kennen

Viele funktionale Analphabeten haben sich mit ihrer Situation abgefunden und sehen keinen Ausweg. Deshalb ist es wichtig, Lösungsvorschläge zu haben. Ansonsten verstärkt sich das Gefühl, dass es keine Möglichkeit zur Veränderung gibt – aber es gibt sie.

Auch als Erwachsener kann man das Lesen und Schreiben verbessern. Bundesweit bieten Volkshochschulen oder andere Bildungsanbieter sogenannte Alphabetisierungskurse an. Die Kursen finden meistens 1 bis 2 Mal wöchentlich in den Abendstunden statt. Man kann dort in kleinen Gruppen mit anderen Betroffenen gemeinsam lernen. Es gibt spezielle Unterrichtsmaterialien für Erwachsene. Und die Gruppe bleibt anonym. 

Kurszeiten und -termine können bei der jeweiligen Volkshochschule bzw. dem jeweiligen Bildungsanbieter direkt erfragt werden. 

Die Kosten für Alphabetisierungskurse variieren und sollten daher angefragt werden. Einige Anbieter ermöglichen eine Ermäßigung des Teilnahmebeitrags, zum Beispiel für Geringverdiener oder Arbeitslose. 

Im Einzelfall können zudem verschiedene Fördermöglichkeiten greifen:

 

Bildungsprämie des Bundes

Die Bildungsprämie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ist für Erwerbstätige gedacht, die sich weiterbilden möchten. Es gibt über 500 Beratungsstellen in Deutschland, die Weiterbildungen vermitteln und so einen Prämiengutschein ausstellen (Telefon: 0800 26233000, Internet: www.bildungspraemie.info).

Bildungsschecks und Ermäßigungen

Die einzelnen Bundesländer bieten verschiedene finanzielle Unterstützungen an. Zum Beispiel gibt es in Nordrhein-Westfalen den „Bildungsscheck NRW“, der 50 Prozent der Weiterbildungskosten abdeckt. Beantragen können diesen Bildungsscheck Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter.

Alphabetisierungskurse für Menschen mit Migrationshintergrund

Wer zugewandert ist, muss nicht nur eine neue Sprache sprechen – sondern auch lernen, sie zu lesen und zu schreiben. Deshalb gibt es Kurse, die sich direkt an Menschen mit Migrationshintergrund richten. Die Ausländerbehörde oder die Jobcenter informieren über diese Angebote.

Auch im Internet gibt es Angebote zum Lesen- und Schreibenlernen.

Das kostenlose VHS-Lernportal bietet Übungen zum Lesen und Schreiben und Rechnen an. Ein Online-Tutor hilft und begleitet beim Lernen. Es gibt einen Bereich für Menschen mit Deutsch als Muttersprache und einen für Menschen mit anderen Muttersprachen.

vhs-lernportal.de

Mit der App "IRMGARD" können die Nutzer in neun Leveln mit mehr als 100 Übungen ihre Lese- und Schreibkompetenz trainieren. Vorkenntnisse sind dafür nicht erforderlich. Derzeit ist die App nur für Android verfügbar.

Irmgard Lern-App

Das ALFA-TELEFON

Es gibt in fast jeder Region Alphabetisierungskurse und andere Hilfsangebote.

Wer sich kostenlos und anonym beraten lassen möchte, kann das ALFA-Telefon anrufen. Hier informiert der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung über passende Lese- und Schreibangebote für Erwachsene. Auch Angehörige, Freunde und Kollegen können sich telefonisch beraten lassen, wie sie am besten helfen können.

Telefon: 0800 - 53 33 44 55 (kostenlos)
Montag bis Donnerstag, 8.00 bis 16.00 Uhr
Freitag, 8:00 bis 14:00 Uhr

Wie ein Anruf eines Betroffenen abläuft, seht ihr hier. 

ANALPHABETEN IN DEUTSCHLAND?

Wer nicht richtig lesen und schreiben kann, versteckt diese Schwäche aus Angst davor, als "dumm" abgestempelt zu werden. Oft haben Betroffene das Gefühl, mit ihrem Problem alleine dazustehen. Dabei ist funktionaler Analphabetismus keine Randerscheinung in Deutschland.